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Warum ist der gezielte Umgang mit Diversität auch für kleine und mittlere Unternehmen wichtig? Wir geben Impulse, wie die geschlechtliche und sexuelle Vielfalt mit kleinen Schritten umgesetzt werden kann.
Das Thema ‚Diversity‘ ist in der Arbeitswelt angekommen. Doch viele Geschäftsleitungen, Führungskräfte und Personalverantwortliche sehen die Vielfalt von unterschiedlichen Personengruppen im Unternehmen eher als Herausforderung denn als Chance an. Die Bedürfnisse scheinen oft zu unterschiedlich und die Umsetzung mit einem höheren Aufwand als Nutzen verbunden. Der Punkt ist aber: Vielfalt ist Realität. Die Frage ist eher, ob man die darin liegenden Potenziale nutzt oder nicht.
Eine offene Unternehmenskultur ist ein Plus für die Arbeitgeberattraktivität. Große Firmen haben das schon lange erkannt. Die Commerzbank AG wirbt beispielsweise mit einer Kampagne „WIR LEBEN 365 Tage VIELFALT“, in anderen Betrieben gibt es queere*- oder feministische Arbeitsgruppen. (*Als ‚queer‘ bezeichnen sich Personen, die sich nicht ausschließlich als heterosexuell einordnen oder sich nicht mit ihrem biologischen Geschlecht identifizieren.)
Offenheit – Beste Freunde oder lose Bekanntschaft bei der Arbeit
Doch inwieweit spielt die sexuelle und geschlechtliche Vielfalt im Arbeitskontext eine Rolle, ist das nicht Privatsache? Es geht nicht darum, das Privatleben vor allen Kolleg:innen zu 100 Prozent offen zu legen. Vielmehr ist es wichtig, ganz selbstverständlich über das Thema sprechen zu können, ohne das es besonders auffällt. Zum Beispiel am Montagmorgen beim Kaffee trinken von den Unternehmungen am Wochenende zu berichten – dazu sollte auch gehören, dass der Chef von der Wanderung mit seinem Mann oder die Kollegin vom Geburtstag der Ehefrau erzählt. Je selbstverständlicher das ist, desto leichter ist es für alle Beteiligten, diese Vielfalt zu leben. Studien belegen, dass bewusstes Verschweigen des Privatlebens gesundheitsschädlich ist. Personen empfinden es als Versteckspiel, nicht ebenso frei wie andere erzählen zu können, wenn sie befürchten, von den Kolleg:innen ver- bzw. beurteilt oder benachteiligt zu werden. Das Gefühl, ein Geheimnis bewahren zu müssen, ist für viele Menschen ein enormer Aufwand und kann auf Dauer zu einer psychischen Belastung führen. Ist dieser Druck nicht mehr vorhanden, werden neue Ressourcen freigesetzt.
Problemlösung durch verschiedene Sichtweisen
Ist aber die Leistungsbeurteilung (immer noch) an das Geschlecht gebunden? Müssen Personen, die von einer heteronormativen Perspektive abweichen, mehr Leistung bringen, um ebenso anerkannt zu werden? Fakt ist, dass Menschen nur einen guten Beitrag leisten können, wenn sie sich wohlfühlen. Wem es am Arbeitsplatz, im Team und in der Organisation gut geht, arbeitet lieber und damit mehr bzw. besser. Außerdem trägt das persönliche Befinden entscheidend zur Gesundheit bei – und vitale Beschäftigte bedeuten weniger Ausfall und dadurch geringere Kosten.
Ein weiterer Grund, warum Vielfalt in Unternehmen und Teams einen Mehrwert darstellt, sind die vielfältigen Perspektiven auf einen Sachverhalt oder im Hinblick auf unterschiedliche Lösungsansätze. Diese haben einen nachhaltigen Nutzen für Unternehmen. Verschiedene Sichtweisen machen uns alle ein wenig klüger. Doch Vorsicht, wenn versucht wird, die Vielfalt im Unternehmen in Zahlen zu messen. Perspektivenvielfalt darf nicht nur dann toleriert werden, wenn es sich wirtschaftlich lohnt. Sonst werden diverse Teams nur gefördert, wenn diese dann auch im Ergebnis „besser“ sind.
Es gibt neben dieser Nutzen-Komponente eine zweite Säule, warum Vielfalt im Unternehmen gelebt werden sollte: die moralische. Dazu gehört auch das Verständnis, dass es Unterschiede gibt und die Akzeptanz, diese zuzulassen. Allen Menschen steht Gleichbehandlung zu, also auch LSBTIQ*-Personen (darunter werden Lesben, Schwule, bisexuelle, Transgender, intersexuelle und queere Menschen verstanden).
Tipps zur Umsetzung:
Kultur und Sprache
Eine offene Unternehmenskultur und das Verständnis für ein heterogenes Arbeitsumfeld, in vielerlei Hinsicht, ist der erste Schritt, Vielfalt aktiv zu leben. Die Umsetzung ist gerade in Unternehmen mit wenigen Beschäftigten oftmals schwierig. Es lohnt sich aber, mit kleinen Dingen anzufangen. Unkomplizierte Zeichen können dazu beitragen, Ihre Offenheit nach außen hin und potenziellen neuen Beschäftigten zu zeigen. Vielleicht ein Post in den sozialen Medien am Internationalen Tag für gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie am 17. Mai.? Oder ein Kommentar in einem Bewerbungsgespräch oder ein Regenbogen-Aufkleber an der Eingangstür? Nur eine Alibi-Funktion, denken Sie vielleicht. Möglich ist das. Natürlich setzt eine diskriminierungsarme Umgebung den Willen voraus, Ungleichbehandlung abzuschaffen. Und dieser muss seitens der Geschäftsführung unterstützt und gefördert werden. Für manche mögen das Kleinigkeiten mit wenig Aufwand sein, die für Betroffene jedoch eine große Wirkung haben.
Auch Sprache ist ein wichtiges Instrument, um Sensibilität in diesem Themenkomplex zu vermitteln. Das beginnt allein bei der Mailkorrespondenz. „Guten Tag Maximilian Schmidt“ zu schreiben, anstatt die männliche Anrede zu verwenden. Lassen Sie im Personalfragebogen die Anrede wählen, die die Person gern möchte oder ermöglichen Sie bei Namensschildern, das zugehörige Pronomen selbst zu wählen, um sicherzustellen, dass der Mensch so angesprochen wird, wie er sich wohlfühlt – im Intranet, auf der Visitenkarte und in der Signatur. Dabei ist es für alle hilfreich, Umstände zu schaffen, ohne dass einzelne Personen oder Gruppen besonders auffallen. Wenn alle, inklusive der Chefetage, ein Pronomen hinter den Namen setzen, wird niemand hervorgehoben. Auch unisex-Toiletten sind ein Beispiel für geschlechtliche Vielfalt. Auch hier gilt: Je besser sich alle in dem Umfeld bewegen können, ohne zu „stolpern“, desto besser gelingt es auch den Personen, die ggf. aus der vorherrschenden Norm herausfallen.
Gemeinsame Werte
Für Unternehmen kann es hilfreich sein, die Werte aufzuschreiben, die gelebt werden sollen. Schriftliche Stellungnahmen auf der Webseite sind eindeutig und können als Statement beispielsweise bei skeptischen Beschäftigten nicht geleugnet werden. Nehmen Sie einzelne Aktionen in Ihr Marketing auf. Das ist nicht nur für zukünftiges Personal attraktiv, sondern auch für Ihre Zielgruppen im Verkauf. Zeigen Sie Ihrer Kundschaft beispielsweise in Ihrer Bildsprache, wie vielfältig und divers Sie sind. Vielleicht lassen Sie Ihre Beschäftigten ihre eigene Geschichte erzählen? Diversity Management muss zwar von oben gewollt sein, aber persönlich erlebbar gemacht werden.
Stichwort Fachkräftemangel: Ein Drittel der Jugendlichen geben nach eigener Aussage an, sich nicht ausschließlich als hetero zu definieren. Es sind nicht wenige einzelne Personen, die sich als queer definieren, wie viele denken. Vielfalt ist Teil der Wirklichkeit und jede Organisation, die sich im Leitbild mit der Frage beschäftigt „wie wollen wir miteinander umgehen?“ kommt an diesem Thema nicht vorbei. Jedes Verhalten hat Konsequenzen. Und Unternehmen entscheiden mit ihrem Auftreten selbst über ihre Zukunft. Die Vielfalt muss sichtbar gemacht werden. Trauen Sie sich und ändern Sie jetzt gleich schon Ihre Signatur. 😉
Anmerkung: Der Artikel entstand im Nachgang der Veranstaltung „Zukunft schätzt Vielfalt – Online-Podium zu Herausforderungen und Chancen im Umgang mit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt im Unternehmen“ am 23. November 2021, durchgeführt vom LAG Queeres Netzwerk Sachsen. Weiterführende Links und zuständige Stellen in Sachsen finden Sie im pdf-Dokument.
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